Von Eulen und Lerchen – den eigenen Chronotyp im Studium nutzen

Was sind Chronotypen – wie entstehen sie und wie können wir damit im Studium umgehen?

Redaktion | 29.09.2022 | Lesedauer 6 min

Kennen Sie das, morgens um acht in der Vorlesung zu sitzen und das Gefühl zu haben, dass die Geschwindigkeit Ihres Gehirns um diese Uhrzeit noch nicht ganz ausreichend ist, um dem Unterrichtsstoff zu folgen? Oder gehören Sie vielleicht zu den Menschen, die morgens topfit sind, sich aber bei der WG-Party spätestens um 22 Uhr fragen, wann endlich alle mal nach Hause gehen und Sie schlafen können? Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass Sie nicht im Einklang mit Ihrer inneren Uhr – Ihrem Chronotypen – leben und Ihr Schlaf-Wach-Rhythmus nicht richtig zu den Bedürfnissen Ihres Körpers passt. Wissen um den eigenen Chronotyp und die Chronobiologie kann auch im Studium dabei helfen, die eigene Leistungsfähigkeit über den Tagesverlauf besser einzuschätzen und den Tag so zu gestalten, dass Sie sich produktiver und fitter fühlen und keine Frustrationsergebnisse beim Lernen erzielen. Deshalb möchten wir Ihnen im Folgenden erklären, welche Chronotypen es gibt, wie Sie Ihren eigenen Chronotyp bestimmen, im Studium nutzen und sogar beeinflussen können.

 

Grundlagen der Chronobiologie

Was sind Chronotypen und welche gibt es?

Sicher haben Sie schon einmal von der recht populär gewordenen Einteilung von Schlaftypen in „Lerchen“ und „Eulen“ gehört. Auch wenn der Eindruck entstehen könnte, dass es sich hierbei um Küchenpsychologie handelt, so sind diese Chronotypen durch zahlreiche Studien tatsächlich wissenschaftlich belegt.[1] „Lerchen“, auch als Morgentyp bezeichnet, zeichnen sich dadurch aus, dass sie morgens besonders leistungsfähig sind und auch schon früh am Tag sportliche Bestleistungen erzielen. Abend sind sie dagegen recht früh müde und können sich schlechter konzentrieren. Bleiben sie doch zu lange wach, sind sie am nächsten Tag unausgeschlafen und quälen sich durch den Tag. „Eulen“ – also Abendtypen – hingegen entfalten erst später am Tag ihr volles Leistungspotenzial und bleiben sehr gern und mühelos lange wach. Für sie ist das normale Berufsleben oft eine Qual, da es von ihnen fordert, bereits morgens nachweisbare Leistungen zu erzielen und entgegen ihrer Chronobiologie früh zu Bett zu gehen.

„Für den Spättyp ist um 9 Uhr morgens noch tiefe Nacht“ Professor Kantermann, Professor für Gesundheitspsychologie [2]

Selbstverständlich gibt es auch innerhalb der Kategorien Abstufungen. Zudem lässt sich nicht jeder Mensch eindeutig einer der beiden Kategorien zuordnen und echte Extreme sind selten. Es gibt auch den Misch- oder Normaltyp, der morgens weder besonders früh noch besonders spät aufsteht und zu moderaten Zeiten ins Bett geht. Manche Forschende unterscheiden sogar bis zu sieben verschiedene Chronotypen.[2] Im Laufe des Lebens verschiebt sich der Chronorhythmus zudem. Während Kinder in der Regel zum Morgentyp zählen, sind die meisten Pubertierenden dem Abendtyp zuzuordnen. Aus diesem Grund wurde immer wieder gefordert, die Schule später beginnen zu lassen.[3] Nachgewiesen wurde zudem, dass der „Lerchen“-Typ im vorherrschenden Schulsystem einen Vorteil hat, der sich in besseren Noten und Abiturleistungen widerspiegelt.[4] Die Zugehörigkeit zu einem Chronotyp hat übrigens nichts mit dem Schlafbedürfnis an sich zu tun; in allen Gruppen gibt es Menschen, die sehr viel und Menschen, die sehr wenig Schlaf benötigen.

 

 

Überblick

Chronotypen im Vergleich

Morgentyp „Lerche“ Normaltyp Abendtyp „Eule“
Kortisolspiegel Steigt eher Steigt weder früh noch spät Steigt später
Morgens eher wach Nicht besonders früh wach Morgens später wach
Lichtreaktion Reagiert besser auf Helligkeit am Morgen Reagiert normal auf Helligkeit am Morgen Reagiert schlechter auf Helligkeit am Morgen
Melatoninspiegel Steigt eher Steigt weder früh noch spät Steigt später
Abends eher müde Nicht besonders früh müde Abends später müde
Schlafverhalten Eher Kurzschläfer
(8 – 9 Stunden Schlaf)
Normalschläfer
(Durchschnittlich 7 Stunden Schlaf)
Häufig Langschläfer
(6 bis 8 Stunden Schlaf)
Nickerchen Braucht eher Nickerchen/Ruhe zwischendurch
Häufiges Vorkommen Z. B. Kinder, Rentner:innen Häufig Pubertierende

[5]

Wie entstehen unterschiedliche Chronotypen?

Die Chronobiologie unterscheidet drei Chronotypen: den Morgentyp, den Abendtyp und den Misch- bzw. Normaltyp. Beim Morgentyp steigt der Kortisolspiegel morgens schneller an – dadurch reagiert er besser auf die Veränderungen der Lichtverhältnisse und ist wacher. Der Melatoninspiegel steigt bei diesem Typ bereits am frühen Abend – dadurch wird dieser abends auch früher müde. Beim Abendtyp steigt der Kortisolspiegel morgens später an – dadurch reagiert er schlechter auf die Veränderungen der Lichtverhältnisse und ist müder. Der Melatoninspiegel steigt bei diesem Typ später am Abend an – dadurch bleibt dieser abends länger wach. Beim Normaltyp steigen Kortisol- und Melatoninspiegel nicht besonders früh beziehungsweise spät an. Dieser Typ ist morgens nicht besonders früh wach noch abends besonders früh müde.

Chronotypen Leistungsfähigkeit
Abbildung 1: Verteilung der Leistungsfähigkeit über den Tag.[6]

 


„Wenn morgens um 9 Uhr schon die Mittag-Gene aktiv sind, dann handelt es sich um einen frühen Chronotyp“ Achim Kramer, Biochemiker[2]


 

Den eigenen Chronotyp ermitteln

Wer herausfinden will, welchem Chronotyp er angehört, macht das am besten im Urlaub. Der Trick dabei ist es, abends ins Bett zu gehen, sobald die Müdigkeit kommt und morgens keinen Wecker zu stellen. Nach einigen Tagen sollte sich dann ein natürlicher Schlaf-Wach-Rhythmus einpendeln. Neben dem individuellen Gefühl, das oft bereits gute Aufschlüsse darüber zulässt, welchem Chronotyp jemand angehört, ist der Chronorhythmus auch durch Blut- und Hormontests, Blutdruck- und Körpertemperaturmessung nachweisbar. Zudem hat nicht nur die Genetik einen Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus, auch die Lichtverhältnisse, denen der Körper ausgesetzt ist, steuern einen wichtigen Part dazu bei.

 

Chronotypen Hormonkonzentration
Abbildung 2: Hormonkonzentration über den Tag.[6]

 


Den Chronotyp im Studium nutzen

In den allermeisten Studiengängen bietet sich Ihnen – im Gegensatz zum Schul- und Berufsleben – ein entscheidender Vorteil. Sie können Ihre Kurse recht frei wählen und vor allem zu den Zeiten für Klausuren lernen oder Hausarbeiten schreiben, die wirklich zu Ihrer Chronobiologie passen. So können Sie Ihren Chronotyp für mehr Effizienz und Erfolg im Studium nutzen. Um gesund und zufrieden zu sein und die besten Lernergebnisse zu erzielen, lohnt es sich daher, Ihren persönlichen Chronorhythmus herauszufinden. Auch bei der Auswahl von Lernpartner:innen kann es sinnvoll sein, darauf zu achten, ob die Treffen zu den richtigen Zeiten stattfinden. So kann der sogenannte „soziale Jetlag“ vermieden werden, also die Tatsache, dass sich durch einen sozial auferlegten Schlafrhythmus unter der Woche ein Schlafdefizit aufbaut, das am Wochenende dann ausgeglichen werden muss.

 

Checklist Chronotypen im Studium nutzen

  • Chronotypen bestimmen
  • Kurse passend zur Leistungskurve wählen
  • Eigene Zeitplanung an den Chronorhythmus anpassen
  • Bei der Wahl von Lernpartner:innen auf Chronotypen achten
  • Schlafziel von mindestens 7 Stunden einhalten.

 


Lässt sich der Chronotyp ändern?

Da der Chronotyp genetisch vorgegeben ist, lässt er sich nur bedingt ändern. Dies sollte unter anderem bei der Berufswahl berücksichtigt werden, wenn Sie nicht ihr ganzes Leben in einem für Sie falschen Schlafrhythmus verbringen möchten. Es gibt aber einige Tricks, mithilfe derer der Schlaf-Wach-Rhythmus zumindest geringfügig in Richtung Ihrer Bedürfnisse verändert werden kann.

Wenn Sie zu den Eulen gehören, kann es helfen, auf eine zeitige Bettruhe und eine gute Schlafhygiene zu achten. Dazu zählt auch, vor dem Zubettgehen möglichst jede Form von Bildschirmaktivitäten zu vermeiden, da das damit einhergehende Blaulicht die Produktion des Schlafhormons Melatonin hemmt und wir so später müde werden und schlechter einschlafen. Auch Melatoninpräparate, die für schnelleres Einschlafen sorgen sollen, können unter Umständen positive Veränderungen Ihrer Chronobiologie hervorrufen, sollten aber nur nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden. Morgens kann ein Aufwachlicht als Hilfestellung dienen, das in den dunklen Monaten den Sonnenaufgang simuliert und damit den Körper dazu anregt, die Melatoninproduktion wieder einzustellen.

Tipps für Eulen – Abendtyp Tipps:

  • Schlafhygiene
    • Bildschirmaktivität abends einschränken
    • Nach ärztlicher Absprache Melatoninpräparate in Betracht ziehen
  • Den Morgen anpassen
    • Aufwachlicht
    • Routinen

 

Als Lerche passt Ihr biologischer Rhythmus ohnehin in der Regel besser zu gesellschaftlichen Abläufen. Um im Urlaub aber auch einmal ohne Reue lange wachbleiben zu können, empfiehlt es sich, das Schlafzimmer morgens so abzudunkeln, dass Sie nicht von den ersten Sonnenstrahlen geweckt werden. Auch eine Sonnenbrille in den Morgenstunden kann helfen, dem Körper eine längere Dunkelphase zu suggerieren, sodass Sie abends später müde werden.

Tipps für Lerchen – Morgentyp Tipps:

  • Für längeren Schlaf
    • Schlafzimmer abdunkeln

 

 


[1] Uni Trier.
[2] Sprektrum.
[3] AOK.
[4] Uni Tübingen.
[5] GEO.
[6] Smartsleep.

Chronotypen FAQ

Wie bestimmt man Chronotypen?

So können Sie Ihren Chronotypen bestimmen: Sie hören einfach auf Ihren Körper. Dazu nutzen Sie am besten den Urlaub. Abends gehen Sie ins Bett, sobald Sie müde werden, ohne einen Wecker zu stellen. Es dauert nur ein paar Tage, dann zeigt der Körper seinen natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus. Wenn Sie abends früh müde werden und morgens fit sind, sind Sie eine „Lerche“. Können Sie gut lange wach bleiben und schlafen morgens lange, sind Sie eine „Eule“.

Wie viele Chronotypen gibt es?

Es gibt zwei wichtige Chronotypen: Die „Eulen“ gehen gerne spät schlafen und stehen spät auf. Die „Lerchen“ sind abends früh müde und stehen früh auf. Viele Menschen gehören nicht eindeutig zu einem Chronotyp. Sie gehören zu einer Stufe dazwischen. Deshalb unterscheiden manche Wissenschaftler:innen bis zu sieben Chronotypen. Jeder Mensch hat einen eigenen Chronorhythmus. Dieser kann mehr in Richtung „Lerche“ oder mehr in Richtung „Eule“ gehen.

Verändert sich der eigene Chronotyp?

Im Laufe des Lebens verschiebt sich der Chronorhythmus. Während Kinder in der Regel zum Morgentyp zählen, sind die meisten Pubertierenden dem Abendtyp zuzuordnen. Aus diesem Grund wurde immer wieder gefordert, die Schule später beginnen zu lassen.[3]

Kann man seinen Chronotyp ändern?

Seinen Chronotyp zu verändern ist schwierig. Chronotypen sind von Geburt an vorgegeben. Licht beeinflusst aber, wann Sie müde und wach werden. Deshalb können Sie es abends dunkler machen, um schneller müde zu werden. Sie sollten abends nicht auf Ihr Handy schauen, weil das den Schlaf stört. Nach ärztlicher Konsultation können Sie auch Melatonin nehmen. Melatonin ist ein Schlafhormon. Morgens können Sie es heller machen, um besser aufzuwachen. Wenn Sie eine „Lerche“ sind, sollte es morgens im Zimmer dunkel sein. Dann können Sie länger schlafen und auch einmal spät ins Bett gehen.