Die Bedürfnispyramide nach Maslow

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Die Bedürfnistheorie nach Maslow und seine dazugehörige Bedürfnispyramide sind Teil der Motivationstheorien, in deren Rahmen untersucht wird, wie extrinsische und intrinsische Motivation entsteht.

Christiane | 15.03.2023 | Lesedauer 4 min

Die Bedürfnistheorie nach Maslow und seine dazugehörige Bedürfnispyramide sind Teil der Motivationstheorien, in deren Rahmen untersucht wird, wie extrinsische und intrinsische Motivation entsteht. Im wirtschaftswissenschaftlichen Kontext steht dabei überwiegend die Motivation der Mitarbeiter:innen von Unternehmen im Mittelpunkt sowie die Frage, wie diese gesteigert und dahin gehend beeinflusst werden kann, dass sich Mitarbeiter:innen im Sinne der Unternehmensziele verhalten. Maslow bietet mit seiner Bedürfnispyramide nun einen möglichen Erklärungsansatz zur Entstehung von Motivation. Diese entwickelt sich aus dem Antrieb heraus, Bedürfnisse zu befriedigen. Nach Maslow gibt es verschiedene Bedürfnisse, nach deren Erfüllung der Mensch strebt. Zur Befriedigung dieser Bedürfnisse sind Handlungen notwendig. Die Motivation, diese Handlungen durchzuführen, liegt damit in der Befriedigung des jeweiligen zugrunde liegenden Bedürfnisses. Maslow ordnet Bedürfnisse dabei fünf verschiedenen Bedürfnisklassen zu, die hierarchisch angeordnet sind, das heisst, die Bedürfnisse bauen aufeinander auf. Menschliche Handlungen sind demnach zunächst darauf gerichtet, Bedürfnisse der unteren Stufen zu erfüllen. Erst danach ist der Mensch motiviert, Handlungen zur Befriedigung eines Bedürfnisses der höheren Stufe durchzuführen. Um Mitarbeiter:innen dazu zu motivieren, das vom Unternehmen erwünschte Verhalten zu zeigen, gilt es daher, solche Bedürfnisse anzusprechen, deren Befriedigung mit dem jeweiligen Verhalten verknüpft ist.

 

Die Stufen der Bedürfnispyramide nach Maslow

Maslow unterscheidet zwischen fünf Bedürfniskategorien, die hierarchisch aufeinander aufbauen und sich deshalb anschaulich mithilfe einer Pyramide darstellen lassen:

  • Auf der untersten Stufe stehen die physiologischen Bedürfnisse, z. B. das Bedürfnis nach Essen, Trinken und Schlaf.
  • Auf der zweiten Stufe siedelt Maslow die Sicherheitsbedürfnisse an, wie etwa körperliche und finanzielle Sicherheit.
  • Auf der mittleren Stufe befinden sich die sozialen Bedürfnisse. Hierzu gehört etwa das Bedürfnis nach einer Gruppenzugehörigkeit, nach sozialen Kontakten und nach Freundschaften.
  • Auf die vierte Stufe setzt Maslow die Wertschätzungsbedürfnisse. Diese umfassen sowohl die eigene Wertschätzung in Form von Selbstachtung und Selbstvertrauen als auch die Wertschätzung durch andere, beispielsweise den Wunsch nach sozialer oder beruflicher Anerkennung.
  • Ganz oben stehen die Selbstverwirklichungsbedürfnisse, die darauf ausgerichtet sind, die eigenen Potenziale weiterzuentwickeln, Neues zu lernen oder sich beruflich und persönlich zu entfalten.

Die Bedürfnisse der ersten drei Stufen werden als Defizitbedürfnisse bezeichnet, da eine Befriedigung dieser Bedürfnisse zu einem abnehmenden Handlungsdruck führt, diese Bedürfnisse zu erfüllen. Die positive Wirkung auf die Motivation, sich bedürfnisbefriedigend zu verhalten, hält daher nur so lange an, bis das Bedürfnis erfüllt ist. Wenn jemand beispielsweise das Bedürfnis Hunger verspürt, entsteht die Motivation, dieses Bedürfnis durch die Handlung Essen zu stillen, und zwar so lange, bis das Hungergefühl schwindet. Selbstverwirklichungsbedürfnisse werden hingegen als Wachstumsbedürfnisse bezeichnet, da diese nie wirklich endgültig befriedigt werden. Mit Wachstumsbedürfnissen geht daher nicht nur eine hohe, sondern auch eine nachhaltige Motivationssteigerung einher. Die Wertschätzungsbedürfnisse auf der vierten Stufe werden von einigen Quellen den Defizitbedürfnissen zugerechnet, andere Quellen sehen in den Wertschätzungsbedürfnissen ebenfalls Wachstumsbedürfnisse. Aufgrund ihrer hierarchischen Beziehung zueinander gilt für die Bedürfnisse der Grundsatz, dass ein Mensch die Bedürfnisse auf einer höheren Stufe erst dann zu befriedigen sucht, wenn die Bedürfnisse der darunter angeordneten Stufen erfüllt sind.

Bedürnispyramide nach Maslow

5 hierarchische Ebenen menschlicher (Grund-)Bedürfnisse

Sortiert nach der Priorität der Motiv- und Bedürfnisgruppen:

Bedürfnispyramide nach Maslow

🔺 Selbstverwirklichung

  • Moral, Idealismus
  • Kreativität
  • Spontanität
  • Problemlösung / Problembewältigung

🔺 Individualbedürfnisse

  • Selbstachtung
  • Selbstvertrauen
  • Geltung, Anerkennung und Erfolg

🔺 Soziale Bedürfnisse

  • Freundschaft und Gruppenzugehörigkeit
  • Soziale Kontakte
  • Familie, Partnerschaft und Intimität

🔺 Sicherheit von:

  • Körper
  • Arbeitsplatz
  • Wonnung
  • Familie
  • Gesundheit
  • Eigentum

🔺 Physiologische Bedürfnisse

  • Atmen
  • Essen
  • Trinken
  • Sex
  • Schlafen
  • Körperliches Gleichgewicht

“So far, our theoretical discussion may have given the impression that these five sets of needs are somehow in a step-wise, all-or-none relationship to each other. We have spoken in such terms as the following: ‚If one need is satisfied, then another emerges.‘ This statement might give the false impression that a need must be satisfied 100 per cent before the next need emerges.”

– Abraham Maslow: A Theory of Human Motivation, 1943, S. 388–389

Dynamische Darstellung der Bedürfnishierarchie

Dynamische Darstellung der Bedürfnishierarchie – Überlappungen sind dabei möglich und zu einem Zeitpunkt oft mehrere Bedürfnisse (aus verschiedenen Kategorien) aktiv.

Abbildung 1: Philipp Guttmann – https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19910758
Abbildung 2: Philipp Guttmann – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52304647

Wirtschaftswissenschaftliche Relevanz der Bedürfnispyramide nach Maslow

Obwohl an der Bedürfnispyramide nach Maslow häufig kritisiert wird,

  • dass eine allgemeingültige Hierarchisierung von Bedürfnissen in der Praxis nicht gegeben ist,
  • dass die Bedürfnisse stark vereinfacht dargestellt sind,
  • dass eher negativ konnotierte Bedürfnisse wie etwa Habgier, Dominanz oder Machtstreben nicht berücksichtigt werden,
  • dass die Bedürfnisse je nach individuellen Präferenzen unterschiedlich ausgeprägt sein können und
  • dass die Bedürfnisse in Abhängigkeit des jeweiligen kulturellen oder sozialen Hintergrunds differieren können,

erfreut sich die Bedürfnispyramide nach Maslow insbesondere im wirtschaftswissenschaftlichen Kontext nach wie vor grosser Beliebtheit. Dies liegt vor allem daran, dass mit der Bedürfnispyramide nach Maslow anschaulich und übersichtlich dargestellt wird, dass es verschiedene Bedürfnisse gibt, die sich auf die Motivation auswirken können. Anwendungsbereiche für die Bedürfnispyramide nach Maslow finden sich dementsprechend überall da, wo es um die Entstehung von Motivation geht. Im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich ist die Bedürfnispyramide nach Maslow damit vor allem in Bezug auf die Arbeitsmotivation von Mitarbeiter:innen relevant. In diesem Zusammenhang ist es etwa für Führungskräfte wichtig, zu wissen, wie Mitarbeiter:innen zu einer höheren Leistungsbereitschaft motiviert werden können und wie diese Motivation beibehalten werden kann. So ist es nach der Bedürfnispyramide nach Maslow beispielsweise nicht ratsam, Mitarbeiter:innen nur durch eine Befriedigung der Defizitbedürfnisse motivieren zu wollen, da deren positive Wirkung auf die Motivation nicht lange anhält: Zwar kann durch finanzielle Anreize die Motivation kurz- bis mittelfristig gesteigert werden, da diese das Bedürfnis nach Sicherheit decken. Jedoch wird ein höheres Gehalt schnell als neuer Status quo und damit als selbstverständlich erachtet, sodass der motivationssteigernde Einfluss dieser Massnahme nach einer gewissen Zeit verpufft. Um Mitarbeiter:innen längerfristig und nachhaltig dazu zu motivieren, sich im Sinne der Unternehmensziele zu verhalten, sollten Führungskräfte daher die Wachstumsbedürfnisse berücksichtigen. Weitere Anwendungsbereiche für die Bedürfnispyramide nach Maslow sind das Marketing und die Verkaufspsychologie. Hier steht die Frage im Vordergrund, wie Kund:innen zum Kauf eines Produktes oder zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung bewogen werden können. So können beispielsweise Luxus- und Prestigeprodukte dazu dienen, Bedürfnisse der höheren Stufen zu befriedigen, etwa das Bedürfnis nach sozialer Anerkennung, nach Selbstverwirklichung oder nach einer Gruppenzugehörigkeit. Der Marketingmix kann dementsprechend so gestaltet werden, dass eben diese Bedürfnisse angesprochen werden.

 

 


Für tiefergehende und weiterführende Informationen rund um die Bedürfnispyramide nach Maslow können wir Ihnen unter anderem die folgenden Quellen empfehlen:

  • Keller, Tobias (2022): Management von Verhalten in Organisationen. München, Wien: De Gruyter Oldenbourg.
  • Maslow, Abraham H. (2021): Motivation und Persönlichkeit. 16. Auflage. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
  • Nerdinger, Friedemann W.; Blickle, Gerhard & Schaper, Niclas (2019): Arbeits- und Organisationspsychologie. 4. Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer.
  • Wiswede, Günter (2021): Einführung in die Wirtschaftspsychologie. 6. Auflage. Stuttgart: utb GmbH.
  • Wolf, Gunther (2020): Mitarbeiterbindung. 4. Auflage. Freiburg: Haufe-Lexware.