Graue Literatur finden und zitieren

Der Begriff graue Literatur bezeichnet Quellen, die nicht innerhalb des wissenschaftlichen Verlagswesens erschienen sind. Bevor man graue Literatur in einer akademischen Arbeit zitiert, ist es wichtig, die Zitierwürdigkeit und Zitierfähigkeit der Quelle zu prüfen.

Redaktion | 05.07.2021 | Lesedauer 6 min

Bei der Recherche für die Bachelorarbeit, Masterarbeit oder eine andere akademische Arbeit gibt es immer wieder auf interessante Quellen, die nicht von einem wissenschaftlichen Verlag oder Journal veröffentlicht worden sind. Dazu zählen zum Beispiel Konferenzbeiträge, Veröffentlichungen von Privatpersonen und Dokumente aus Datenbanken im Internet. Der Sammelbegriff für solche Quellen lautet ‚graue Literatur‘. Wenn man eine solche Quelle in seiner Arbeit verwenden möchte, sollte man zuerst beurteilen, ob sie vertrauenswürdig ist.

Auf dieser Seite erfahren Sie, wie Sie graue Literatur finden und auf ihre Vertrauenswürdigkeit überprüfen können. Zudem finden Sie heraus, wie Sie graue Literatur richtig zitieren.

Graue Literatur: Definition und Bedeutung

Als graue Literatur oder auch graue Materialien bezeichnet man Dokumente, die unabhängig vom kommerziellen Verlagswesen erschienen sind und nicht im Buchhandel aufliegen. Der Begriff stammt aus der Bibliothekswissenschaft. Graue Literatur kann online oder gedruckt veröffentlicht werden. Im Printbereich erfolgt dies jedoch zumeist in kleiner Auflage und ohne ISBN (Internationale Standardbuchnummer zur eindeutigen Kennzeichnung von Büchern).

Graue Literatur kann von Einzelpersonen oder auch von Universitäten, Forschungsgesellschaften und anderen Organisationen stammen. Über das Internet kann heute im Prinzip von jedem:r graue Literatur verfasst werden. Graue Literatur bedeutet nicht automatisch, dass eine Quelle unseriös und nicht zitierwürdig ist. Auch zuverlässige, relevante Daten lassen sich mitunter in grauer Literatur finden.

Beispiele für graue Literatur

In der Praxis existiert graue Literatur in vielen verschiedenen Formen. Je nach Art der Quelle und ihrem Inhalt kann die Literatur beim Zitieren in einer akademischen Arbeit unterschiedliche Funktionen erfüllen.

Diese Dokumente sind Beispiele für graue Literatur:

  • Kongress- und Konferenzberichte
  • akademische Schriften in Vorveröffentlichung bzw. im Begutachtungsprozess
  • Privatdrucke und Firmenschriften
  • Unveröffentlichte Abschlussarbeiten (zum Beispiel Masterarbeit oder Bachelorarbeit)
  • Unveröffentlichte Forschungsarbeiten
  • Pressemeldungen
  • Aufzeichnungen und Mitschriften aus einer Vorlesung
  • Interne Dokumente
  • Internetveröffentlichungen und Blogbeiträge

Ist graue Literatur zitierwürdig und zitierfähig?

Bevor man eine Quelle in einer wissenschaftlichen Arbeit zitiert, gilt es zu prüfen, ob sie zitierfähig und zitierwürdig ist.

Zitierfähig ist eine Quelle dann, wenn sie öffentlich verfügbar ist – also zum Beispiel im Internet, als gedrucktes Buch in einer Bibliothek oder im Buchhandel. Damit die Quelle auch zitierwürdig ist, muss sie darüber hinaus seriös und relevant sein.

Akademische Quellen, die im Verlagswesen erscheinen, haben zumeist eine ISBN, welche ihre Zitierfähigkeit bestätigt (bzw. ISSN bei Journal-Artikeln). Im Onlinebereich vergeben wissenschaftliche Verlage eine DOI-Nummer zur eindeutigen Identifizierung digitaler Objekte. Damit lässt sich die Quelle langfristig wiederfinden, auch wenn sich die URL oder der Speicherort des Dokuments ändern sollte. Bei grauer Literatur fehlen solche standardisierten Kennzeichnungen zur eindeutigen Identifizierung. Beim Zitieren von grauen Quellen sollten deshalb stattdessen so viele Details wie möglich in die Quellangabe aufgenommen werden.

Prüfen, ob graue Literatur zitierwürdig ist

In einer akademischen Arbeit sollte man nur Quellen verwenden, die allen Kriterien der Zitierwürdigkeit entsprechen. Das gilt auch für graue Literatur, die nicht innerhalb des Verlagswesens erschienen ist.

Bevor man graue Literatur in einer Arbeit zitiert, sollte man prüfen, ob sie die folgenden drei Merkmale erfüllt:

  1. Die Quelle ist für das Thema relevant.
  2. Die Quelle ist seriös und wissenschaftlich bzw. akademisch.
  3. Die Quellangaben sind bekannt (Autor, Titel, Jahr der Veröffentlichung usw.).

Wenn graue Literatur diese drei Kriterien erfüllt und zudem öffentlich zugänglich ist, dann ist sie sowohl zitierwürdig als auch zitierfähig und kann als Quelle für eine wissenschaftliche Arbeit herangezogen werden.

Graue Literatur richtig zitieren

Wenn eine Quelle zitierfähig und zitierwürdig ist, spricht nichts dagegen, sie in einer akademischen Arbeit zu verwenden, auch wenn sie nicht in einem kommerziellen Verlag erschienen ist. Unter diesen Bedingungen kann also auch graue Literatur zitiert werden.

Um eine Quelle richtig zu zitieren, braucht man einen Verweis im Text und einen Eintrag für das Literaturverzeichnis. Wie genau diese Quellenangaben aussehen, hängt von zwei Faktoren ab:

  • Art der Quelle
  • Zitiersystem

Graue Literatur zitiert man häufig in der Form von Kongressberichten oder unveröffentlichten Forschungsergebnissen. Beim Zitieren ist es wichtig zu unterschieden, ob die Quelle öffentlich zugänglich ist oder nicht.

Zudem hängt das genaue Format des Zitats von der Zitierweise ab, die man in der Arbeit anwendet. Im deutschsprachigen Raum zitiert man zumeist nach den APA-Richtlinien oder nach dem Harvard-System.

Graue Literatur zitieren

Graue Literatur zitieren: Beispiele

Im Folgenden finden sich Beispiele dafür, wie man graue Literatur richtig zitieren kann. Die Beispiele sind sortiert nach öffentlich zugänglichen Quellen und internen Quellen.

Für die Beispiele wurde die APA-Zitierweise verwendet. Beim richtigen Zitieren nach der Harvard-Zitierweise hilft Ihnen dieser Artikel weiter. Grundsätzlich sind immer die Zitierrichtlinien der jeweiligen Hochschule zu beachten.

Beispiel: Zitation von öffentlich zugänglichen Quellen

Wenn eine Quelle aus dem Bereich graue Literatur öffentlich zugänglich ist, dann kann man sie auf dieselbe Weise zitieren wie eine Internetquelle. Dabei verwendet man den Titel des Dokuments, den Namen des Autors, die URL und das Zugriffsdatum.

Wenn wir zum Beispiel den Artikel von ACAD WRITE zum Thema Wikipedia als Quelle zitieren wollen, dann würde der Verweis im Literaturverzeichnis so aussehen:

ACAD WRITE (2020). Wikipedia als Quelle in akademischen Arbeiten. Online verfügbar unter: https://www.acad-write.com/ratgeber/tipps/wikipedia-als-quelle/ (abgerufen am 23.07.2021)

Der Quellenverweis im Text könnte so aussehen:

„Der Knackpunkt bei Wikipedia liegt darin, dass das so beliebte Onlinelexikon aus nicht geprüften bzw. nicht Peer-Review-geprüften Artikeln besteht.“ (ACAD WRITE, 2020, o. S.)

Hinweis: Die Zitate wurden erstellt mit dem ACAD WRITE Zitatgenerator.

Bei der Verwendung grauer Literatur ist es zudem üblich, den Status der Quelle im Quellenverzeichnis zusätzlich hervorzuheben. Dazu kann man die Art der Quelle in eckigen Klammern spezifizieren – zum Beispiel so:

ACAD WRITE (2020). Wikipedia als Quelle in akademischen Arbeiten [Akademischer Ratgeber]. Online verfügbar unter: https://www.acad-write.com/ratgeber/tipps/wikipedia-als-quelle/ (abgerufen am 23.09.2021)

Einen Sonderfall stellen oft Bachelorarbeiten oder Masterarbeiten dar, aus denen man zitieren möchte. Diese sind zwar zumeist unveröffentlicht in dem Sinne, dass sie nicht im Verlagswesen erschienen sind und keine ISBN haben. Doch häufig kann man auf den Websites der Universitäten und Institute darauf zugreifen. Beim Zitieren aus so einer Arbeit ist es üblich, im Literatureintrag auch den Fachbereich und die Hochschule des:r Autors:in sowie den unveröffentlichten Status der Quelle anzugeben.

Beispiel für das Zitieren einer unveröffentlichten Bachelorarbeit:

Granger, H. (2021). Ethische Leitlinien sozialpädagogischen Handelns in der Jugendarbeit (unveröffentlichte Bachelorarbeit, Universität Hogwarts, Institut für Sozialpädagogik). Online verfügbar unter: https://www.uni-hogwarts.co.uk/granger-thesis.pdf  (abgerufen am 23.10.2021)

Beispiel: Zitation von nicht öffentlich zugänglichen Quellen

Bei öffentlich nicht zugänglichen Quellen handelt es sich zumeist um Dokumente aus einem internen Netzwerk oder um private Kommunikation und Aufzeichnungen.

Wenn man solche Quellen zitiert, ist es üblich, bekanntzugeben, dass sie nicht öffentlich zugänglich sind. Das kann zum Beispiel über eine Fussnote erfolgen. Zudem ist es möglich, interne Dokumente im Anhang der Arbeit abzubilden, sodass die Quellen für Lesende nachvollziehbar und kontrollierbar sind.

In Sonderfällen kann es vorkommen, dass man in einer akademischen Arbeit aus persönlicher Korrespondenz wie Briefen, E-Mails, Telefonaten oder auch aus persönlichen Aufzeichnungen (beispielsweise aus einer Vorlesung) zitieren möchte. Den APA-Zitierregeln entsprechend fügt man in so einem Fall den Hinweis „persönliche Korrespondenz / Kommunikation“ oder „eigene Aufzeichnungen“ dem Quelleintrag hinzu.

Beispiel für den Quelleintrag zu den eigenen Aufzeichnungen aus einer Vorlesung von Prof. Longbottom:

Longbottom, N. (2021, 1. Juli). Einführung in die Dermatologie [Vorlesung]. Eigene Aufzeichnung.

Grundsätzlich ist davon abzuraten, Quellen zu nutzen, die für die Leser:innen nicht nachvollziehbar sind. Falls möglich, sollte man in so einem Fall also ebenfalls eine Kopie des Dokuments im Anhang der Arbeit einfügen, sodass die Leser:innen die Quelle selbst überprüfen können.

Der Quellenverweis im Text würde sich nicht von einem normalen Verweis im APA-Format unterscheiden:

(Longbottom, 2021)

Zu beachten ist, dass eine unveröffentlichte Bachelor- oder Masterarbeit nicht den Qualitätscheck eines wissenschaftlichen Verlags durchlaufen hat und auch nicht zwingend durch ein Peer-Review begutachtet wurde. Daher sollte man diese Art von grauer Literatur nur in Ausnahmefällen und mit Vorsicht zitieren.

Mehr zum Thema richtiges Zitieren

In ACAD-WRITE-Ratgeber finden Sie viele hilfreiche Beiträge zum Thema wissenschaftliches Schreiben und Zitieren. Diese Artikel könnten Sie vielleicht interessieren:

Graue Literatur finden: Datenbanken

Im Internet finden sich Datenbanken speziell für Konferenzbeiträge, Kongressberichte, Vorveröffentlichungen und andere wissenschaftliche Artikel, die (noch) nicht im offiziellen Verlagswesen erschienen sind. So eine Datenbank für graue Literatur kann dabei helfen, aktuelle Quellen für eine akademische Arbeit zu finden.

Die Datenbank OpenGray war jahrelang eine der ersten Adressen für die Suche nach grauer Literatur, wurde im Sommer 2021 jedoch eingestellt.

Folgende Datenbanken empfehlen wir als OpenGray-Alternative:

  • OpenDoar der University of Nottingham
  • clinicaltrials.gov für noch unveröffentlichte Forschungsarbeiten
  • BASE-Suchmaschine für wissenschaftliche Open-Access-Dokumente der Universitätsbibliothek Bielefeld
  • Grin Verlag als akademische Self-Publishing-Plattform (teilweise kostenpflichtig)

Viel Universitäten bieten auch interne Datenbanken (Preprint-Server), in denen auf vorveröffentlichte Studien und andere ‚Work in Progress‘ (in Begutachtung) zugegriffen werden kann.

faq

Graue Literatur in aller Kürze

Was ist graue Literatur?

Graue Literatur sind wissenschaftliche Quellen, die nicht von einem kommerziellen Verlag veröffentlicht wurden. Häufige Beispiele sind Conference Papers und Vorveröffentlichungen.

Darf man graue Literatur zitieren?

Ja, man darf graue Literatur zitieren, sofern sie die üblichen Qualitätskriterien einer wissenschaftlichen Quelle erfüllt. Dafür muss die Quelle zitierwürdig und zitierfähig sein.

Wie zitiert man graue Literatur?

Wie man graue Literatur zitiert, hängt von der Art der Quelle und vom Zitiersystem ab. Man unterscheidet zwischen Quellen, die öffentlich zugänglich sind und Quellen, die das nicht sind.

Wo findet man graue Literatur?

Graue Literatur findet man zum Beispiel in Datenbanken im Internet. Aber auch interne Dokumente und persönliche Kommunikation können eine Form von grauer Literatur sein.