E-Mails schreiben an Ihre Betreuerin oder Ihren Betreuer

Fear not, think it through though!
So kommunizieren Sie mit Professorinnen und Professoren.

Sophie | 27.05.2020 | Lesedauer 3 min

Gerade zu Beginn Ihres Studiums sind Sie noch halb in den Kommunikationsstrukturen Ihrer vormaligen Schulzeit gefangen und obwohl Sie merken, dass es an der Universität ein wenig anders zugeht, können Sie den Finger noch nicht ganz auf das legen, was sich unterscheidet. Sie kennen dieses Muster? Das ist völlig normal und geht vielen Studierenden so. Der Ton an der Universität ist ein grundsätzlich anderer und auch die Umgangsformen unterscheiden sich ganz signifikant.

Wie schreibe ich eine E-Mail an die Betreuerin oder den Betreuer?

Während die Schule darauf ausgerichtet ist, Ihnen Wissen zu vermitteln und Ihnen beizubringen, wie Sie begonnene Gedanken auch zu Ende führen und verargumentieren können, wird an der Universität vorausgesetzt, dass Sie Wissenslücken alleine füllen. Wenn Sie also in Ihrer ersten Vorlesung sitzen und Dozierende mit einem Überblick über inkorporierte Kulturdispositionen starten, die sich in einem Habitus sammeln und dadurch Einfluss nehmen auf Denk-, Handlungs- und Wahrnehmungsschemata, dann ist das ein bisschen viel und gerade für Erstsemester ein Moment, an dem sie erst einmal durchatmen müssen. Danach ist aber Ihre Eigeninitiative gefragt: Füllen Sie Wissenslücken selbstständig, denn das ist nicht Aufgabe Ihrer Professoren. Besuchen Sie die Bibliotheken auf dem Campus, recherchieren Sie online, sprechen Sie mit Ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen – schreiben Sie aber nicht, unter keinen Umständen, den Dozierenden eine E-Mail dazu, dass Sie in der Vorlesung nicht mitkommen.

Wenn Sie jemandem eine E-Mail schreiben, sollten Sie sich auch über das potenzielle Outcome Gedanken machen. Verfassen Sie also eine E-Mail an Ihre Dozierenden, um darauf hinzuweisen, dass Sie in der Vorlesung nicht mitkommen, wie könnte das Outcome aussehen? In der Schule hätten Sie hier einen Lehrenden an Ihrer Seite, der Sie dabei unterstützt, das Material zu verstehen. In der Universität haben Sie Dozentinnen und Dozenten vor sich, die mehrere Veranstaltungen mit bis zu 100 Studierenden betreuen, die sich seit Jahren, teilweise Jahrzehnten, in der Lehre befinden und einen hohen Anteil an Wissen voraussetzen – und das mit gutem Grund. Die Universität ist, im Gegensatz zu der Schule, nicht dafür da, Sie beim Erwachsenwerden zu unterstützen. Sie ist dafür da, Ihre Persönlichkeit weiter auszuformen, die Sie zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits zu vielen Teilen selbst entwickelt haben sollten.

Aus welchem Grund schreibe ich eine E-Mail an Professorin oder Professor?

Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie niemals eine E-Mail an Ihre Dozenten schicken sollten, denn selbstverständlich gibt es dafür auch gute Anlässe:

Forschungsthema abstimmen:
Bevor Sie damit beginnen, eine Hausarbeit, Bachelorarbeit oder Masterarbeit anzufertigen, sollten Sie zwingend das Thema mit Ihren Dozierenden abstimmen. Dadurch gehen Sie zum einen sicher, dass Ihre Dozierenden das Thema so absegnen und bereit sind, es zu bewerten, zum anderen lernen Sie aber auch etwas über die Anforderungen, die Ihre Dozierenden an Sie haben, und können daraus zweierlei ableiten. Auf der einen Seite erkennen Sie, ob Sie diesen Anforderungen gewachsen sind und bei diesen Dozierenden wirklich eine Arbeit abgeben möchten, auf der anderen Seite wissen Sie, was Sie für eine gute Note zu tun haben.

Terminvereinbarungen:
Wenn Sie Fragen an Ihre Dozierenden haben, die zum Beispiel die Ausgestaltung des Themas Ihrer Bachelorarbeit betreffen, sollten Sie hierfür einen Gesprächstermin vereinbaren und sich nach den Sprechstundenzeiten der Dozierenden richten. Das gibt sowohl Ihnen als auch den Dozierenden die Möglichkeit, sich innerhalb dieses Zeitrahmens nur auf das eigentliche Thema zu fokussieren.

Entschuldigungen:
Unterschätzen Sie nie die Kraft, die eine Entschuldigung haben kann. Dozierende sind keine Unmenschen. Wenn Sie einen Veranstaltungstermin oder eine Abgabefrist verpasst haben, verzichten Sie auf kuriose Begründungen und fadenscheinige Ausflüchte: Seien Sie ehrlich. Die Dozierenden haben im Verlauf Ihrer Karriere schon jede Ausrede gehört, dafür aber nur selten ein ehrliches „Es tut mir leid, dass ich den Termin verpasst habe, ich war schlecht organisiert und würde mich freuen, wenn wir gemeinsam eine Lösung finden können.“

Abgabe:
Die Abgabe von Arbeiten erfolgt heutzutage meistens digital, sodass auch diese ein Grund ist, eine E-Mail an Dozierende zu schreiben. Halten Sie sich dabei nicht mit ausführlichen Erklärungen auf: Dozierende wissen, dass Sie eine Arbeit abzugeben haben, und das, was relevant ist, steht in ebendieser Arbeit.

Welcher Ton ist gegenüber Dozierenden angebracht?

Grundsätzlich gilt, dass Ihre Dozierenden Menschen wie Sie und ich sind: Auch die Dozierenden, die als Koryphäen auf ihrem Gebiet gelten, deren Namen in aller Munde sind und die konstant hoch gewertete Publikationen auf den Markt bringen, gehen nach der Arbeit nach Hause und schauen Netflix wie alle anderen. Das bedeutet, Sie müssen hier erst einmal keine Berührungsängste haben und können offen auf Ihre Dozierenden zutreten. Gleichzeitig gilt jedoch auch, dass ein hohes Mass an Respekt erwartet wird, weil der Status der Koryphäe natürlich nicht völlig grundlos erreicht wird und mit einem entsprechenden Leistungsspektrum einhergeht. Beachten Sie stets die E-Mail-Etikette:

  • Kennen Sie die Dozierenden noch nicht, so gilt ein „Sehr geehrte/r“ am Anfang, ausserdem sprechen Sie sie mit ihren Titeln an.
  • Kennen Sie die Dozierenden bereits und haben Sie ein Verhältnis aufgebaut, kann in manchen Fällen auf die Titel verzichtet werden.
  • Ein Duzen ist eher selten – wenn es jedoch gewünscht ist, werden die Dozierenden es Ihnen anbieten, nicht andersherum.

Wichtige Elemente einer E-Mail an Betreuerin oder Betreuer

  1. Legen Sie sich eine seriöse E-Mail-Adresse zu, die Ihren Vor- und Nachnamen enthält.
  2. Wählen Sie einen Betreff, der in ein bis drei Worten wiedergibt, worum es in der E-Mail geht.
  3. Achten Sie auf die korrekte Anrede und einen angebrachten Ton im Text und kommunizieren Sie formell, nicht informell.
  4. Fügen Sie Ihrer E-Mail eine Signatur hinzu, die alle wichtigen Informationen enthält:
    • Beste Grüsse,
    • Ihren Namen,
    • Ihre Matrikelnummer
    • und auch gerne eine Telefonnummer, unter der Sie erreichbar sind.
Beispiel & Muster

Beispiel einer E-Mail an Ihre Dozentin oder Ihren Dozenten

Hier finden Sie ein Muster für eine E-Mail an einen Professor bezüglich der Verlängerung einer Abgabefrist:

Von: Harold A. W. K. Lauder [Hawk@thestand.com]
Datum: Sonntag, 3. Mai 2020 um 12:43
An: Randall Flagg [RF@LA.com]
Betreff: Verlängerung der Abgabefrist

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Flagg,

[obligatorisch: das Anliegen] bezüglich der am 10.05.2020 abzugebenden Hausarbeit würde ich mich freuen, wenn wir die Frist bis zum 15.05.2020 verlängern könnten. [optional: die Begründung] Ich habe eine weitere Quelle gefunden, deren Einarbeitung mich einige Tage mehr Zeit kosten wird. [obligatorisch: die Bitte] Über eine positive Antwort würde ich mich freuen.

[obligatorisch: die Verabschiedung] Mit freundlichen Grüssen
[obligatorisch: der Name] Harold A. W. K. Lauder
[obligatorisch: die Matrikelnummer] 123456
[optional: die Telefonnummer] 1234/567890

Antworten der Dozentinnen und Dozenten: Wie ordne ich das ein?

Während Sie viele Gedanken in Punkte wie die richtige Formulierung, die richtige Ansprache, den Grund Ihrer E-Mail und andere Dinge investieren, spiegeln die Antworten Ihrer Professorin oder Ihres Professors Ihre Mühen nicht immer wider. Sie haben gerade einen Roman verfasst, der mit dem Höhlengleichnis von Platon begann und sich über die Ungleichheitsbeobachtungen von Geissler bis hin zu Sozialstrukturen der männlichen Herrschaft nach Bourdieu arbeitet, um zu erklären, warum Sie einen Gesprächstermin vereinbaren möchten, und erhalten von Ihren Dozierenden das:


„Okay.

BG
Dozent

Von meinem iPhone gesendet“

E-Mail an die Uni


 

Das kann Ihnen verständlicherweise ein wenig die Luft aus den Segeln nehmen, fasst aber gut zusammen, was wir Ihnen im Verlauf des Artikels verdeutlichen wollten: Ihre Betreuungspersonen sind auch nur Menschen. Sie lesen Ihre E-Mails im Supermarkt, während der Vorlesungen, abends auf dem Sofa und senden dann eine kurze und informelle Nachricht zurück, die zweierlei bedeuten kann: Entweder haben die Dozierenden Ihren Text tatsächlich gelesen und finden Ihre Vorgehensweise „okay“ – oder sie hatten weder Lust noch Zeit, sich durch Ihr Pamphlet zu wühlen, geben jedoch trotzdem ein schriftliches Okay, auf das Sie sich im Zweifelsfall berufen können.

Kann ich Dozentinnen und Dozenten auch über andere Medien anschreiben?

Bevor wir diese Frage ausführlich beantworten, hier ein kurzer Spoiler:
Nein!

Sie haben Ihre Dozentin oder Ihren Dozenten bei Facebook gefunden und wollen sie bzw. ihn als Freundin bzw. Freund hinzufügen? Lassen Sie es sein, Ihre Dozierenden sind nicht Ihre Freundinnen bzw. Freunde. Sie haben, aus welchen Gründen auch immer, eine private Handynummer erhalten und wollen die Dozierenden über WhatsApp oder iMessage kontaktieren? Auch hier: No-Go.

Wenn wir uns im Bereich der Social Media aufhalten, ist es völlig in Ordnung, wenn Sie Ihren Dozierenden auf wissenschaftlichen Plattformen folgen, beispielsweise ResearchGate, alles andere ist jedoch immer mit einem faden Beigeschmack behaftet – Ihre Lebenswelt berührt die der Dozierenden dann, wenn Sie sich in einem wissenschaftlichen Feld bewegen. Was Professorinnen und Professore auf Instagram, Facebook oder anderen Medien treiben, können Sie, wenn Sie neugierig sind, heimlich verfolgen, Sie sollten jedoch nicht auf „Follow“ klicken – das wirkt gruselig.

Checkliste

Gibt es einen Grund, eine E-Mail an Dozierende zu schreiben?

Schreiben Sie eine E-Mail.
Schreiben Sie keine E-Mail.
Ich verstehe die Pflicht- und/oder Sekundärliteratur nicht. Sitzen Sie an einer Master- oder Doktorarbeit, lebt diese vom Austausch mit Dozierenden: Schreiben Sie eine E-Mail. Finden Sie weitere Literatur und einen Ansatz, der Ihnen das Verständnis erleichtert, wenn es sich um eine Hausarbeit oder Bachelorarbeit handelt.
Ich will ein neues/anderes Thema bearbeiten. Überlegen Sie sich vorher gut, ob Sie das neue Thema wirklich bearbeiten wollen, und bleiben Sie dann dabei. Wenn Sie im Vorfeld wissen, dass die Dozierenden nicht dafür bekannt sind, hier ein Einsehen zu haben, verzichten Sie auf eine E-Mail.
Ich bin nicht sicher, welchen Zitierstil ich anwenden soll. Erfüllen Sie die Anforderungen Ihrer Dozierenden – wenn sie keine haben, entscheiden Sie sich selbstständig. Prüfen Sie die Vorgaben Ihres Prüfungsamtes oder des Lehrstuhls, bevor Sie eine E-Mail schreiben.
Ich habe etwas herausgefunden, was noch niemand vor mir herausfand. Sollte das tatsächlich der Fall sein, holen Sie sich Unterstützung von Dozierenden und veröffentlichen Sie die Ergebnisse. Schalten Sie eine umfangreiche Recherche vor, um sicherzugehen, dass Sie wirklich etwas Neues entdeckt haben.
Ich brauche etwas mehr Zeit, um eine Arbeit fertigzustellen. Seien Sie höflich und bitten Sie um mehr Zeit – fordern Sie diese aber nicht. Die Entscheidung liegt bei den Dozierenden. Wenn Sie für 15 Seiten bereits drei Monate lang Zeit hatten, sollten Sie sich bemühen, die Arbeit fristgerecht einzureichen, sofern keine triftigen Gründe Sie davon abhalten.
Ich fand während der Bearbeitung eines Themas ein Problem und komme nicht weiter. Benennen Sie das Problem konkret und vereinbaren Sie einen Besprechungstermin. Recherchieren Sie und versuchen Sie, das Problem zunächst selbstständig zu lösen.
Und was macht Ihr so?

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